Für viele deutsche Unternehmen ändern sich 2024 die Anforderungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung – sowohl im Umfang als auch in der Anzahl der betroffenen Firmen. Die neue EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) wird ab dem 1. Januar 2024 wirksam und schreibt vor, dass in den nächsten Jahren Unternehmen auskunftsfähig sind über die Nachhaltigkeitsaspekte ihrer Flotten, Geschäftsreisen und darüber, mit welchen Verkehrsmitteln ihre Mitarbeitenden zur Arbeit gelangen. Wie Sie Ihr Unternehmen bestmöglich auf diese neue Herausforderung vorbereiten können, zeigt Ihnen unsere Reihe "CSRD und betriebliche Mobilität". Dies ist Teil 1 zum Thema "Pendeln zum Arbeitsplatz".
Deutschland wird oft als "Pendelrepublik" bezeichnet: Laut dem Pendleratlas der Bundesagentur für Arbeit müssen fast 14 Millionen Menschen regelmäßig in einen anderen Kreis oder sogar in ein anderes Bundesland pendeln. Dies betrifft 40 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Bisher lag es hauptsächlich in der Verantwortung der Arbeitnehmenden, wie sie zur Arbeit gelangen. Nun werden Unternehmen hierzu mehr in die Pflicht genommen. Ab dem Berichtsjahr 2024 müssen die berichtspflichtigen Unternehmen transparent und gemäß verbindlichen EU-Standards darlegen, wie Nachhaltigkeitsaspekte ihre wirtschaftliche Situation beeinflussen. Dies betrifft nicht nur ihre ökologischen, sozialen und Governance-bezogenen Leistungen, sondern auch deren Auswirkungen. Das GHG-Protokoll (Greenhouse Gas Protocol) unterteilt die Treibhausgasemissionen, die durch die Aktivitäten eines Unternehmens verursacht werden, in drei Bereiche, die sogenannten Scopes. Scope 1 umfasst alle CO2e-Emissionen, die direkt durch die eigenen Aktivitäten entstehen, zum Beispiel in Büros oder Produktionsstätten. Scope-1-Emissionen entstehen also hauptsächlich durch den Verbrauch fossiler Brennstoffe. Mit Scope 2 wurde eine eigene Kategorie für Emissionen aus eingekaufter Energie geschaffen und Scope 3 umfasst alle indirekten Emissionen.
Scope 3 erstreckt sich dabei auch auf drei Schlüsselbereiche der betrieblichen Mobilität: das Pendeln der Mitarbeitenden, die Unternehmensflotte und Geschäftsreisen. Unternehmen müssen nicht nur die direkten, sondern auch die indirekten Emissionen ermitteln und berichten, die in der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette anfallen, einschließlich des Arbeitswegs der Mitarbeitenden.
Gehört Ihr Unternehmen zu den berichtspflichtigen Betrieben?
Ab 2024 müssen Unternehmen, die bereits derzeit der Richtlinie über die Angabe nichtfinanzieller Informationen unterliegen, die erforderlichen Informationen sammeln. Später gilt dies auch für große Unternehmen, die derzeit nicht der Richtlinie über die Angabe nichtfinanzieller Informationen unterliegen (ab 2025), sowie für börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und kleine, nicht komplexe Kreditinstitute und firmeneigene Versicherungsunternehmen (ab 2026). Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 50.000 Unternehmen in der gesamten EU nach der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) berichten müssen, wobei in Deutschland etwa 15.000 betroffen sein dürften.
Doch wie lassen sich die Emissionen auf dem Arbeitsweg der Angestellten messen? Es gibt tatsächlich Methoden, um die erforderlichen Daten zu ermitteln. Noch wichtiger ist, dass Unternehmen ihren Mitarbeitenden dabei helfen können, den Arbeitsweg so zu gestalten, dass nicht nur weniger Emissionen anfallen, sondern auch der Weg stressfreier und gesünder gestaltet werden kann – eine Win-win-Situation für alle. Im Durchschnitt haben Arbeitnehmer in Deutschland im Jahr 2021 knapp 17 Kilometer Arbeitsweg zurückgelegt.[1] Die meisten fuhren laut Statistischem Bundesamt mit dem Auto (68 Prozent), etwa zehn Prozent nutzten das Fahrrad, und ebenfalls knapp zehn Prozent stiegen in öffentliche Verkehrsmittel, um zur Arbeit zu gelangen.[2]
Der Stresspegel beim Pendeln ist oft so hoch wie bei einem Kampfpiloten. Bereits 2004 zeigte eine britische Studie, dass Staus oder Zugverspätungen einen ähnlichen Stress auslösen können wie bei Kampfpiloten im Einsatz. Seitdem hat sich die Verkehrssituation auf dem Weg zur Arbeit nicht verbessert, überfüllte Straßen und öffentliche Verkehrsmittel sind noch alltäglicher geworden. Was können wir also tun, um Mensch und Umwelt zu entlasten? Und wie kommen wir an die notwendigen Daten für den CSR-Bericht?
Es gibt laut dem Greenhouse Gas Protocol drei Methoden zur Datenerfassung[3]:
Wichtig ist vor allem, dass alle mit betrieblicher Mobilität befassten Abteilungen des Unternehmens bei der Datenerhebung zusammenarbeiten. Im Idealfall sollte ein interdisziplinäres CSR-Management und ein nachhaltiges Mobilitätskonzept eingeführt werden, um nicht nur die erforderlichen Daten zu erheben, sondern auch die durch den Pendelverkehr verursachten Emissionen zu reduzieren. Dies ist besonders wichtig, da sich das ESG-Rating eines Unternehmens auf die Kreditwürdigkeit und die Höhe der Kreditkosten auswirken kann. ESG steht für Environmental, Social and Governance und bewertet nachhaltige und ethische Praktiken von Unternehmen.
Um die Arbeitswege und -bedürfnisse der Mitarbeitenden zu kennen, kann ein sog. "Mobilitätsscan" durchgeführt werden. Mit Hilfe von anonymisierten Beschäftigtendaten kann visualisiert werden, welche Wege die Pendler zurücklegen. Dieses Wissen hilft wiederum, Angebote für Mitarbeitende zu machen, mit denen sie stressfreier, gesünder, nachhaltiger und trotzdem pünktlich zur Arbeit kommen. Mobinck bietet Tools wie z. B. den "MobilityScan" an. Er berechnet, wie sich etwa eine Nutzung z. B. des ÖPNV oder von Fahrrädern für den Arbeitsweg u. a. auf die Klimabilanz, die Kosten und weitere auszuwählende Aspekte auswirken würde. Zusätzlich werden auch indirekte Effekte berücksichtigt, etwa ein tendenziell geringerer Krankenstand bei Mitarbeitenden, die mit dem Rad oder zu Fuß zur Arbeit kommen.
Sobald diese Daten ermittelt sind, können maßgeschneiderte Angebote zur Reduzierung der Pendelemissionen für Ihr Unternehmen entwickelt werden. Und es ist wichtig zu beachten, dass kleine Schritte ebenfalls Wirkung zeigen können. Es muss nicht immer eine komplette Umstellung des Fuhrparks auf Elektrofahrzeuge und die Einrichtung einer Ladeinfrastruktur auf dem Firmengelände sein. Schon die Nutzung kleinerer Autos kann Emissionen reduzieren.